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Ein neuer moderner Klassiker?

Dieses Buch wird niemals solchen Weltruhm erringen wie Mark Twains "Huckleberry Finns Abenteuer", die 1884 erstmals gedruckt und seither in Millionen-Auflagen und vielen Sprachen veröffentlicht wurden, ein Schlüsselwerk der US-amerikanischen Literatur.
Ich gestehe, ich habe weder Tom Sawyers noch Huckleberry Finns Abenteuer gelesen. In meiner Kindheit gab es Karl May, mindestens zwanzig Bände. Aber ich habe, woher auch immer, eine Vorstellung von ihren Abenteuern auf dem Mississippi. Mehr braucht es nicht, um sich über "James" zu freuen.
James ist Jim, der entlaufene Sklave. Er erzählt von seiner Flucht vor den Sklavenhaltern, getrieben von dem Wunsch, zu seiner Familie zurückzukommen. Auf einer wilden Insel im Strom trifft er auf Huckleberry, sie werden Freunde, und gemeinsam bestehen sie Gefahren auf dem Fluss und am Rande der Gesellschaft. Sie bekommen es mit Betrügern und Hochstaplern zu tun, erleben brutale Gewalt und Willkür, mit denen Weiße die Sklaven terrorisieren. Eine schwache Hoffnung scheint auf: im Norden haben die Staaten sich von der Sklaverei losgesagt. Aber das Floß treibt auf dem Mississippi nach Süden.
Jim erzählt sehr direkt, plastisch, manchmal fühlte ich mich wie im Kino, in einem Film von Freundschaft und Überleben in der Wildnis - aber auch mit Horrorszenen. In der wörtlichen Rede wird ein lockerer Ton angeschlagen, und Jim benutzt gegenüber Weißen eine "Sklavensprache", um Unterwürfigkeit zu signalisieren, die Weißen erwarten, dass Sklaven dumm sind und nicht richtig sprechen können. Jim weiß es besser. (Diese "spezielle Ausprägung des Südstaatenenglisch" ist schwer zu übertragen, der Übersetzer versucht es mit einem "artifiziellen Dialekt,... Verschleifungen, 'phonetischer Schreibung von Wörtern etc.'", wie er in seiner Nachbemerkung erklärt.)
Sicher haben amerikanische Autoren kritisch auf die Geschichte der Sklaverei in ihrem Lande geblickt, sich in Romanen und Filmen mit den Mythen des "land of glory and happiness" auseinandergesetzt. Das Besondere an diesem Buch von Percival Everett (Schriftsteller und Professor für Englische Literatur in Californien) ist, dass hier konsequent aus der Perspektive eines schwarzen Sklaven geschrieben wird, eines lebensklugen Mannes, der für seine Würde kämpft und schließlich nicht mehr der Neger Jim bleibt. "Und wer bist du? - Ich bin James. - James was? - Einfach nur James." So schließt das Buch. Jaja, man soll in einer Rezension nicht das Ende vorwegnehmen. Aber versprochen: dieser starke Schluss wird stark durch die dreihunder Seiten davor.

Ulrich Hentschel
23.2.2024

Roman
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783446279483
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